TORRES DEL PAINE


Von nun an geht es nur noch in Richtung Norden! Dem südlichsten Punkt sagten wir „adieu“ und verließen Ushuaia über den Paso Garibaldi, um bald wieder in Rio Grande zu sein und am nächsten Tag die Strecke über den Hauptgrenzübergang nach Chile zu nehmen. Dort war verhältnismäßig wenig los und wir befanden uns schnell in Chile, um dort auf der Schotterpiste zum Fähranleger zu gelangen. Klar, dass die Chilenen kein Interesse am Ausbau der Strasse haben, wo diese nur von Argentiniern und Touristen als Durchgangsstraße nach Argentinien genutzt wird! Es pustete ständig ein ordentlicher patagonischer Wind und wir hatten ziemlich Mitleid mit den Radfahrern, die sich zum Teil nur noch in den Graben legen und auf weniger Wind warten konnten. Wahnsinn.

An der engsten Stelle der Magellanstraße, die ihren Namen dem gleichnamigen portugiesischen Seefahrer verdankt, der sie 1520 entdeckte, reihten wir uns in die Schlange der wartenden Autos ein und durften auch schon bald auf die Fähre fahren, um mit dieser Feuerland zu verlassen.

Das Schiff hatte gegen eine starke Strömung zu kämpfen, doch sicher und wohlbehalten kamen wir schon nach einer halben Stunde Überfahrt auf dem Festland an. Inzwischen war es spät geworden und wir suchten uns ein schönes Plätzchen inmitten vieler Schafe, die neugierig ums Auto liefen und ihren Fressgewohnheiten ungestört weiter nachgingen.

Am nächsten Morgen waren wir wieder alleine und nur die „Reste“ des Fressens waren rund ums Auto zu erkennen! Bei einem Spaziergang entlang der Magellanstraße ließen wir uns den Wind noch einmal ordentlich um die Nase wehen und brachen schließlich in Richtung Puerto Natales auf. Auf dem Weg legten wir einen Stopp bei der Estancia San Gregorio ein, die von einer Genossenschaft bewirtschaftet wird und deren Glanzzeiten sichtlich vorüber sind. Wie eine Geisterstadt lag sie vor uns und es war fast schon gruselig, den Wind durch sämtliche Ritzen pfeifen zu hören und sich die verfallenen Schlaf- und Wohnräume anzuschauen. Sehenswert waren auch zwei gestrandete Schiffe direkt bei der Estancia, die Ambassador und Amadeo, die nun noch den Touristen als Fotomotiv und zwei jungen Ibissen als Nest dienen.

 

 

In Puerto Natales, an einem schönen Fjord gelegen, empfing uns ein quirliges Treiben und von der im Reiseführer beschriebenen wilden Vergangenheit ist nichts mehr zu spüren. Die Stadt wurde Ende des 19. Jahrhunderts von deutschen Schafzüchtern gegründet und hatte einst keinen guten Ruf. Galt sie doch als Sammelbecken derer, für die es anderswo kaum noch Hoffnung gab: verzweifelte Arbeitssuchende, Glücksritter und Kriminelle aus Europa, den USA und vielen Ländern Südamerikas. Gegen 1900 entstand eine der größten Viehverarbeitungsgesellschaften der Welt, riesige Schlachthöfe schossen aus dem Boden, Fischfabriken sowie unzählige Kneipen und Bordelle.

Außerhalb des Ortes sind heute noch die Reste der Fabriken zu sehen und so rotten die Hallen vor sich hin und die Molen, an denen die Wollfrachter und Kühlschiffe angelegt haben, verfallen und werden nur noch von Komoranen in Beschlag genommen.

Im Ort selbst reiht sich ein Hostel an das andere, Restaurants, Pizzerien und Internetcafés ergänzen das Erscheinungsbild und die Haupteinnahmequelle der heutigen Zeit ist schnell klar. Nein, nicht wegen dem Ort selbst, sondern wegen der Nähe zum Nationalpark „Torres del Paine“!

 

Das war auch unser nächstes Ziel und nach 120 Kilometern Piste durch endlose Pampa mit phantastischen Wolkenformationen des patagonischen Himmels sahen wir die „blauen Türme“ aus der Bergkette herausragen!

Blauer Himmel, Sonnenschein, ab und zu ein Wölkchen und dann dieser Blick auf die mächtigen Türme aus Granit, die wie aus einer Felsenburg herausragen und deren Spitzen mit Eis und Schnee bedeckt sind. Toll!

Am Eingang des 240.000 Hektar großen Parks muss man zunächst ein unverschämt hohes Eintrittsgeld zahlen und wird mit sämtlichen Verhaltensregeln vertraut gemacht. Vertraut gemacht haben wir uns im folgenden mit den Sträßchen des Parks und haben verschiedene Stellen angefahren und uns schließlich für das Camp „Las Torres“ entschieden, von dem man einen herrlichen Blick auf den Torres Sur (2850), Torres Central (2800) und Torres Norte (2600) hat. Uns war schnell klar, warum die Torres del Paine zu den spektakulärsten Gebirgslandschaften der Erde gehören!

Vor ungefähr 12 Millionen Jahren entstanden sie zwischen der patagonischen Steppe im Osten und der Andenkordillere im Westen und waren seit etwa 5000 v. Chr. das Siedlungsgebiet der Tehuelche- Indianer, die sie als „Schreie aus Stein“ bezeichneten. Doch nicht nur die Granittürme sind beeindruckend, sondern auch die verschiedenen Seen, Gletscher und der einzigartige Lebensraum für unzählige Tiere und Pflanzen.

Unser Plan für den Park war eine mehrtägige Wanderung, bei der man quasi ein „W“ läuft und als auch noch Rock in den Park kam, war unsere kleine Wandergruppe vollständig und es konnte am nächsten Tag losgehen. Mit Rucksack, Zelt und Verpflegung für 4 Tage bepackt starteten wir und sind mit dem Katamaran über den Lago Pehoe gefahren, um von dort los zu laufen. Der erste „W-Bogen“ war ohne Gepäck zu bewältigen und so bauten wir im ersten Camp unser Zelt auf, verstauten die Sachen und tja, warteten den ersten Regenschauer in der für Wanderer aufgestellten Schutzhütte ab! Prima Start.

Als nach einer Stunde weniger Tropfen vom Himmel fielen, entschlossen wir uns zum Aufbruch und nahmen den Weg in Richtung des Glaciars Grey auf. Eigentlich ein schöner Weg, doch als sich bald der Regen mit Schnee abwechselte, waren wir total durchnässt und die Lust zum Laufen hielt sich in Grenzen… Zum Glück kam zwei Minuten später ein Mirador (Aussichtspunkt) von dem wir zumindest auf den Gletschersee schauen konnten und einen kleinen Eisberg treiben sahen. Das sollte genügen und wir sind wieder zurück ins Camp in die Hütte marschiert, um uns diesmal nicht nur aufzuwärmen, sondern auch zu trocknen!

Und da das Wetter in dieser Region mehr als wechselhaft ist, hatten wir zwei Stunden später herrlichsten Sonnenschein. Was also tun? Am Logischsten erschien es uns, weiter zu gehen und so bauten wir die Zelte wieder ab, packten das Zeug zusammen und wanderten bei schönstem Wetter zum nächsten Camp. Zeitdruck wegen Dunkelheit hatten wir nicht, da es hier im Süden ja erst sehr spät dunkel wird.

Am zweiten Tag war dann der mittlere „W-Bogen“ durch das Valle de Francés dran und wir hatten einen schönen Ausblick auf den Glaciar del Francés und auch die Bergkette östlich von uns. (Da wir ohne Jürgen reisen, müssen wir die Bezeichnung sehr allgemein fassen und können ohne seine Hilfe nur schwer alle Gipfel benennen!)

Am Abend, es war der 31. Dezember 2006, kochten wir uns ein leckeres Silvester-Nudel-Gericht und saßen zusammen mit zwei Holländerinnen in einem Unterschlupf. Die zwei hatten tatsächlich eine Flasche Sekt dabei und so konnten wir mit ihnen auf das neue Jahr anstoßen: um 20 Uhr Ortszeit und somit zur europäischen Jahreswende! Den südamerikanischen Jahreswechsel haben wir bewusst verschlafen, da wir fix und fertig waren! Außerdem mussten wir unsere Kräfte für den nächsten Tag sparen, welcher die längste Tour für uns werden sollte. Entlang des türkisblauen Lago Nordenskjöld ging es bergauf und bergab und genauso abwechslungsreich wie der Weg, war auch das Wetter, zum Glück jedoch ohne Regen und Schnee. An manchen Passagen hat es aber so stark gestürmt, dass ich froh war, zusätzlich meine Stöcke zum Stabilisieren und Halten zu haben! Am Camp „Las Torres“ und am „G“ wohlbehalten angekommen, freuten wir uns, es geschafft zu haben und müssen aber zugeben, dass wir am folgenden Tag auf den letzten „W-Bogen“ verzichteten… Und das nicht nur, weil das Wetter schlecht war!

 

Ein Kommentar zu “TORRES DEL PAINE”

  1. Christoph

    Wow, mal wieder Kalenderreife Bilder. Ich bin begeistert…

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