DIE HEIMAT HAT UNS WIEDER
martinamario am 14. Oktober 2007 um 19:55Das Anlegen im Hafen von Antwerpen haben wir nicht mitbekommen, da dies mitten in der Nacht geschah. Und mitten in der Nacht müssen die Arbeiter auch mit dem Abladen der Container begonnen haben, denn als wir um 7.30 Uhr am Frühstückstisch saßen, stand gut die Hälfte der Fracht bereits im Hafengelände. Wir bekamen unsere Beobachtungen später auch bestätigt, als uns der Hapag Loyd-Agent erzählte, dass Antwerpen ein Hafen sei, der sämtliche Verspätungen und Engpässe der Frachter wieder aufholt. Durch die schnelle, effiziente Arbeit des Ent- und Beladens werden sie zeitig in die Weltmeere entlassen und können im nächsten Hafen längere Arbeiten in Kauf nehmen. Insgeheim hatten wir uns eine langsamere Beladung erhofft, um noch eine Nacht an Bord bleiben zu können, doch dem war nicht so und wir haben gegen Mittag Abschied von der Crew und von der MS Flottbek genommen. Netterweise hat uns der Agent mit ins Zentrum von Antwerpen genommen und wir haben uns auf die Suche nach einem Hotel begeben. Das war schnell gefunden und da wir an dem Tag sowieso nichts mehr wegen dem Ausladen des G und dem Motorrad organisieren konnten, haben wir uns einen schönen Nachmittag in Antwerpen gemacht.
Der Agent hatte uns ganz gute Hoffnungen gemacht, dass wir den Container am nächsten Tag ausladen könnten, doch als wir mit Rock (er hatte in Brüssel bei seiner Schwester auf die Ankunft von uns und dem Frachter gewartet) zusammen im Büro von Hapag Lloyd ankamen, eröffneten sie uns eine Überraschung nach der anderen. Die großen Überraschungen waren die Gebühren für Abladen des Containers, Transport im Hafen, Öffnen und weitere kleinere Beträge, die sich jedoch ordentlich summierten und wir immer größere Augen bekamen. Zum Glück konnten wir mit Rock die Kosten aufteilen und mussten nicht alleine dafür aufkommen. So überraschend dies alles noch kam, müssen wir aber sagen, dass wir mit unserer Verschiffung immer noch günstiger kamen, als „Komplettangebote“ anderer Anbieter, die wir vorher angemailt hatten.
Eine weitere Überraschung eröffneten sie uns mit den Frachtpapieren. Mit unserem Schneemobilen und den Golfsets würde es Probleme mit dem Zoll geben und das wäre nicht so einfach zu handhaben. Waaas?! Schneemobile und Golfsets?! Auf dem Frachtpapier waren neben dem G und der BMW tatsächlich „15 Pieces“ vermerkt, aber wer auf die Idee mit den Schneemobilen und Golfsets kam, wissen wir bis heute nicht. Wir haben die Sache versucht aufzuklären und hätten die Angestellten ein bisschen mitgedacht, so hätte einem auch auffallen können, dass in einen 20’’ Container neben Auto und Motorrad nicht auch noch die anderen Fahrzeuge hätten reinpassen können! Wir haben dann „15 Pieces“ aufgelistet und von Klamotten bis hin zu Büchern alles aufgeschrieben, da ja nun mal die 15 Teile für den Zoll vermerkt waren. Der für uns verantwortliche Mann von Hapag Lloyd sah sich mit unserer Fracht wohl immer noch einem größerem Problem gegenüber, sodass schließlich auch noch der Direktor von Hapag Lloyd Antwerpen eingeschaltet wurde. Das half uns an dem Tag aber auch nichts und wir bekamen die Fahrzeuge nicht aus dem Hafen.
So blieben wir einem weiteren Tag in Antwerpen und verbrachten den angebrochenen Nachmittag mit Kaffeetrinken und „Grübeln“. Da wir ein 1-3 Personen Zimmer im Hotel hatten, konnte Rock das dritte Bett beziehen und wir waren morgens alle zeitig an der verabredeten Stelle, an der uns der Hapag Lloyd-Mann abholen wollte. Mit ihm waren wir verabredet, um die Zoll- und Hafenangelegenheiten zu erledigen. Dass er uns nur bis zum Brooker gefahren hat, war uns egal, denn so war dieser für uns verantwortlich. Auf die Frage, ob man den Containerinhalt auch ohne Brooker erhalten könnte, meinte er „ja“, aber vielleicht in zwei oder drei Wochen. Und 10 Minuten später wussten wir beim Zoll, wie er das meinte. Mit einem Augenzwinker gab er uns zu verstehen, dass er den diensthabenden Zollbeamten gut kennen würde und wir hatten ohne Kontrolle, Durchsuchung oder sonstiges Anschauen des Inhalts den Stempel des Zolls auf unseren Papieren. Hätten wir doch neue Schneemobile einführen können…
Der Brooker fuhr im Anschluss mit uns zum entsprechenden Hafentor, erledigte dort die Bürokratie für uns und Mario durfte mit Helm und Weste ausgestattet in den Hafenbereich, um die Fahrzeuge zu holen. Auch wenn wir den Brooker natürlich bezahlt hatten, war es gut, dass er die Sachen erledigt hat, da wir nun auf ein weiteres kompliziertes Hafenprozedere keine Lust mehr hatten. Allerdings fragen wir uns im Nachhinein, wie wir das alles ohne Hilfe in Südamerika geschafft haben!?
Der G und auch die BMW haben die Reise gut überstanden und standen zum Glück wohlbehalten vor uns. Rock hat seine GS bepackt, wir haben unser Gepäck ebenfalls eingeladen und nach dem Abschied von ihm ging es für uns in Richtung Heimat.
Belgische Autobahn, deutsche Autobahn- alles wie immer. Und so „wie immer“ kam es uns auch vor, als wir näher nach Wolfhagen kamen. Okay, es gibt ein Lidl, aber sonst war alles wie immer. Das komische Gefühl, was wir in der Magengegend vermutet hätten, setzte nicht ein und es war seltsam „normal“, als wir die Landstraße nach Bründersen unter den Rädern hatten. Und kaum bogen wir in unsere Straße ein, war es „komisch“, denn alle standen bereit, um uns ein tolles Willkommen zu bereiten. Das Plakat reichte einmal quer über die Straße, die Kinder hatten Bilder für uns gemalt, die Blumen wurden überreicht und wir alle freuten uns, dass wir uns wieder hatten. Da war selbst der Tanz auf der Straße lustig und meine Schwester konnte uns nicht in Verlegenheit bringen! Echt super, die Lieben daheim und an dieser Stelle noch einmal vielen Dank für das „Hallo“. Wir haben uns riesig gefreut und werden die anschließende Party so schnell nicht vergessen.
Nun sind wir ein Tage wieder zu Hause und gewöhnen uns nach und nach wieder ein. Unsere Wohnung mussten wir zum Glück nicht aufgeben und haben somit gleich ein Dach über dem Kopf. Das will aber wieder eingerichtet werden und die Folien und Decken von den Möbeln herunter gezogen werden. Kleinigkeiten eben.
Wir sind viel auf „Besuchstour“ bei Freunden und Verwandten und genießen es sehr, alle so nah um uns herum zu haben und mal schnell auf einem Kaffee oder ein Bierchen zu besuchen.
Dabei werden wir auch immer wieder auf die Homepage angesprochen und gefragt, ob das nicht ewig viel Arbeit gewesen sei. Klar haben wir versucht uns Mühe zu geben und haben einige Zeit mit dem Bildersortieren und Texte schreiben verbracht. Aber es war für uns auch eine Art des „Auf- und Verarbeitens“ und wir haben uns so, neben den persönlichen Notizen, noch einmal Gedanken um das Erlebte gemacht. Und das wir mit so einer tollen Resonanz belohnt wurden, hätten wir ja nie für möglich gehalten. Also ein großes Dankeschön auch an die vielen Leser!
Wer weiß, vielleicht haben wir dem ein oder anderen eine Idee in den Kopf gesetzt… ein gutes Reisefahrzeug zur Nachahmung könnten wir abgeben. Oder auch Informationen oder Auskünfte. Doch dazu kommt noch ein Bericht in ein paar Tagen- wir sind noch nicht fertig…!!!
martinamario@web.de
GAAAAAANZ LANGSAM NACH HAUSE
martinamario am 7. Oktober 2007 um 13:10Im Hafen von Montreal fühlten wir uns an die Anfänge der Reise erinnert und ein Kreis schloss sich: mit einem Frachtschiff sind wir damals nach Amerika gefahren und ebenfalls mit einem Frachter würden wir auch wieder nach Hause kommen. Und mit der Verschiffung von Kolumbien nach Costa Rica ging unsere „Idee“ ganz und gar auf und wir haben den gesamten Trip ohne einen einzigen Flug bewältigt.
Nachdem uns der 2. Offizier am Terminal abgeholt hatte, kletterten wir die Treppe hinauf an Bord der MS Flottbek, einem 2005 in der Meyer-Werft gebauten Containerschiff, welches unter britischer Flagge fährt, der Wappenrederei Hamburg gehört und von Hapag Loyd gechartert wird. Wir wurden nach dem Einchecken sogleich von dem Stewart Eston empfangen und auch der Kapitän Schneider hat uns willkommen geheißen. Den Rest der philippinisch, russisch, deutschen, österreichischen Mannschaft haben wir dann nach und nach kennen gelernt und uns genauso mit dem Schiff vertraut gemacht. Eine geräumige Kabine, Aufenthaltsraum, Offiziersmesse, Sauna, Sportraum und Waschmaschine erwartete uns an Bord und auch die Brücke, Aufenthaltsraum der Crew oder andere Räume standen uns jederzeit offen.
Bevor wir ablegten lagen wir noch einen Tag im Hafen von Montreal und schauten dem geschäftigen Treiben zu. Container runter vom Schiff, Container rauf auf’s Schiff- es ist schon klasse, dass die meisten Container bei dem (scheinbaren) Durcheinander tatsächlich an ihrem Bestimmungsort landen. Auch wenn wir die Nummer unseres Containers nicht erspähen konnten, hofften wir das natürlich auch für ihn! Am Mittwoch hieß es „Leinen los“ und wir starteten die Fahrt in Richtung Nordatlantik durch den St. Lorenz-Strom hinaus. Drei Tage und zwei Nächte dauerte es und nach 1600 km hatten wir die letzten Zipfel Neufundlands erreicht. Mit dieser Ausfahrt zeigte sich Kanada zum Abschied noch einmal von der schönsten Seite und die Aussicht auf die wunderschön verfärbten Bäume rechts und links des Flusses war herrlich. Auch an Bord war es nett und wir hatten uns schnell eingelebt. Am zweiten Abend merkten wir sogleich, dass das Miteinander der Crew und der Passagiere ganz anders als auf den anderen beiden Schiffen gehandhabt wurde und wir herzlich zu Alex’ Geburtstagsfeier eingeladen wurden. Vor dem beliebten asiatischen Vergnügen des Karaoke-Singens konnten wir uns gerade noch einmal so drücken, aber beim Tanzen durften wir nicht nein sagen! Hanna, eine der beiden Kadetten hat es da ganz anders erwischt und neben dem Singen weiß ich nicht wie oft sie zum „last dance“ gebeten wurde.
Ein weiterer Passagier war mit an Bord und auch wenn sein nordirischer Akzent sehr schwer zu verstehen war, erfuhren wir viel aus dem Leben von Marc. Schon über siebzig Jahre alt, ist das Meer noch immer seine große Leidenschaft und als ehemaliger Fischer verbringt nun mit Frachtschiffreisen viel Zeit auf den Ozeanen. Angst hat er uns nach ein paar Tagen eingejagt, als er plötzlich über Schwindel, Unwohlsein und schließlich Schmerzen in der Brust klagte. Die Crew war froh, als Mario seine medizinische Unterstützung zur Verfügung stellte und wir alle waren froh, als es ihm bald wieder besser ging und wir ihn, wie gewohnt, auf der Brücke im Kapitänssessel sitzen sahen! Mitten auf dem Nordatlantik hätte es heikel werden können…
Für einen richtigen Seemann war die Überfahrt nach Liverpool wohl noch lange nicht „heikel“, doch sobald wir das ruhige Gewässer des St.Lorenz-Stromes verlassen hatten und auf dem offenen Atlantik waren, war es für uns „heikel“. Oder besser gesagt: kotzübel war uns! Die Seekrankheit hatte uns erwischt und während Mario nach einem Tag wieder topfit war, verbrachte ich zwei Tage in der Waagerechten und dachte andauernd über die Schnapsidee des Frachtschiffsreisen nach. Was war mir übel! Allerdings kann man mir wohl zu Gute halten, dass wir Windstärke 8-9 hatten und die Wellen bis zu 4 Meter hoch waren! Kaum hatten wir das „Tief“ verlassen, schaukelte es weniger und die Toastbrotdiät konnte durch die leckere Nahrung an Bord ersetzt werden. Richtig schön und entspannend war es nun auf dem Schiff und ich hatte die schlimmen Tage schnell vergessen. Vor allem als wir einen 50×50 Meter großen Eisberg neben uns treiben sahen, Delphine beobachteten oder einfach unsere Eindrücke, Erlebnisse und Reisegedanken sortierten und verarbeiteten. Die Idee mit dem gaaanz langsam nach Hause kommen ging jedenfalls auf!
Nach 5 Tagen auf hoher See umrundeten wir die Nordspitze Irlands und liefen wenig später in den Hafen von Liverpool ein. Da das Anlegen mitten in der Nacht geschah und wir tief und fest geschlafen hatten, waren wir umso erfreuter, als wir am nächsten Morgen sogleich von Bord gehen und Liverpool besuchen konnten. Zusammen mit Hanna und dem Lotsen, der uns netterweise in die Stadt begleitete und einen guten Stadtführer abgab, verbrachten wir einen schönen Tag in der Stadt und haben von den Albert Docks, über Maritime Museum bis zur berühmten Matthewstreet mit den Cavern Pub viel gesehen. Egal wie und wo, an die Beatles wird tatsächlich überall erinnert…und sei es mit leiser Hintergrundmusik in der Bank, in der wir Geld getauscht haben.
Überraschend lagen wir noch einen weiteren Tag im Hafen von Liverpool und hatten somit Zeit für weitere Erkundungen. Doch in die Stadt wollten wir nicht noch einmal und entschieden uns für eine Zugfahrt nach Norden, nach Southport. Das Seebad schien besonders bei der älteren Bevölkerung beliebt zu sein, doch auch uns hat es gefallen, einen Spaziergang am Strand zu unternehmen und vor der Rückfahrt in einem traditionellen Kaffee- und Teehaus einzukehren.
Traditionell und interessant war dann auch der Besuch im Seemannsheim von Liverpool, welches wir am Abend aufsuchten. Als Anlaufstelle für die Seeleute gibt es sie in fast allen Hafenstädten und ob man Telefonieren möchte, ein Zimmer braucht, Internet nutzt, Hilfe in Anspruch nehmen muss oder auch einfach nur ein Bier in Nähe des Hafens trinken will, kann man es dort in der oft ehrenamtlich geführten Mission, die sich überwiegend durch Spenden finanziert, tun. Selbst uns als Passagiere hat man das Internet nicht verwehrt- gegen eine kleine Spende!
Die Schleuse war für 4.00 Uhr morgens zur Weiterfahrt bestellt und als die Maschinen um 3.30 Uhr gestartet wurden, ließ sich Mario vom 1. Ingenieur wecken, um das Anwerfen des Motors zu beobachten. Mehr als 10 Minuten nimmt das in Anspruch. Während der folgenden zwei Tage von Liverpool nach Antwerpen war das Meer ruhig und wir konnten die letzten Seetage schön genießen. Ein neuer Passagier war an Bord (Marc hatte in Liverpool die MS Flottbek verlassen) und es ergaben sich gute Gespräche mit Matthew, der mit zurück nach Kanada fahren wollte. Als kurz vor Antwerpen die belgische Luftwache eine Übung unternahm und zwei Leute auf unser Schiff abseilte, war die „Show“ perfekt. Matthew jedenfalls war so beeindruckt, dass er einen Typ mit „Nice to see you, Bruce Willis“ begrüßte und wir uns ebenfalls freuten, so etwas auch noch sehen zu können.
Übrigens hatten wir inzwischen auf dem Frachtplan nachforschen lassen, ob unsere Containernummer bei der Fracht dabei war. Und das war der Fall! Wir waren so glücklich, dass wir uns auch gleich die Position sagen ließen und bei einem Rundgang über’s Deck den „G“ besuchten!