KAFFEE, KOLONIALSTÄDTE UND KARIBIK

martinamario am 28. April 2007 um 01:38

„Nein, durch Kolumbien fahren wir nicht!“ So waren unsere Worte vor der Abreise und wir verneinten es, einen Fuß in das „gefährliche“ Land der Guerilla, Drogenkartelle und sonstigen Kriminellen zu setzen. Die Verschiffung nach Mittelamerika wollten wir von Ecuador aus organisieren, doch es kommt im Leben ja öfters anders als man denkt…!

Von anderen Reisenden, die uns vom Norden her entgegenkamen und die mit dem Fahrzeug durch Kolumbien gereist sind, hörten wir nur begeisterte Stimmen von dem Land und den Leuten. Auch Kolumbianer, die wir in Argentinien kennen gelernt hatten, berichteten von der geänderten Sicherheitslage in den letzten 4 Jahren und empfahlen uns auf jeden Fall einen Besuch in ihrem Land.

Ausschlaggebend war für uns letztlich die Verschiffungsmöglichkeit nach Mittelamerika, bei der es nur auf der Route Cartagena/Kolumbien nach Moin/Costa Rica möglich ist, als Passagier mitzufahren. Und das wollten wir gerne.

 

Somit standen wir mit unseren Papieren am einzigen Grenzübergang von Ecuador nach Kolumbien und überforderten scheinbar die Mädels vom Zoll. Das Ausfüllen der vorübergehenden Einfuhrgenehmigung eines ausländischen Fahrzeuges gestaltete sich als Premiere für die drei und mit viel Geduld, Spaß und einer erneuten Korrektur saßen wir letztendlich im „G“ und überquerten die Grenze nach Kolumbien.

Dort ging es in einer Berg- und Talfahrt in Richtung Pasto, einer friedlichen Provinzstadt, die aufgrund mehrerer Erdbeben ihren kolonialen Charme eingebüßt hat. Wir haben den Stopp hauptsächlich genutzt, um uns mit kolumbianischen Pesos einzudecken und sind der Hauptroute weiter entlang Richtung Norden gefolgt. Schon bald hinter Pasto verließen wir das Hochland und kamen in die Ebene des Rio Patias. Außer einem schönen Landschaftsbild rechts und links des Weges bekamen wir es mit Sonne, Hitze und hoher Luftfeuchtigkeit zu tun und wussten im ersten Moment nicht, was besser ist: Regen im Hochland oder Schwüle in der Ebene?! Wir arrangierten uns recht schnell mit dem Klima und genossen die Fahrt entlang riesiger Bananen- und Zuckerrohrplantagen oder unendlich großer Rinderweiden.

Sobald wir eine Pause einlegten, wurden wir zur Attraktion des Dorfes und wissbegierige Kolumbianer kamen und fragten uns über alles Mögliche aus. Immer sehr freundlich und höflich mit einem Interesse, das echt schien und mit der Freude, dass Touristen durch ihr Dorf/Land reisen.

So auch bei den vielen Polizei- und Militärposten auf der Strecke. Meist wurden wir nur durchgewunken, doch ab und zu, mehr aus Neugier an unserem Fahrzeug, mussten wir die Hecktür des „G’s“ öffnen und den erstaunten Blicken ins Innere Einlass gewähren. Nur einmal wurde Mario nach Waffen durchsucht und musste sich, wie im Film, mit ausgebreiteten Armen und Beinen ans Auto stellen!

Nach der Ebene stieg die Straße wieder in höhere Gefilde der Zentralkordillere an und während wir uns über das Fahrverhalten der Bus- und LKW-Fahrer in den Bergen wunderten, wurden wir freudestrahlend von dem argentinischen Paar mit dem T2 vom Wegesrand heran gewunken. Die zwei, mit denen wir in Otavallo eine nette Zeit verbracht hatten, standen schon eine ganze Weile dort und es ging nichts mehr mit ihrem VW-Bus! Keinen Mucks hat er mehr von sich gegeben und da war es selbstverständlich, dass wir ein deutsch-argentinisches Gespann durch Kolumbien bildeten und sie bis in die nächste Stadt abschleppten. Der „G“ hat das gut gemeistert und hat von den beiden hinterher ein indirektes Lob erhalten, da sie Berge, die wir zusammen mit 60 km/h hochgefahren sind, alleine nur mit 30 km/h erklommen hätten!

In Popayan haben wir sie bis zu einer Werkstatt geschleppt, dessen Besitzer guter Dinge bezüglich der Reparatur war und uns von ihnen verabschiedet. Da gerade ein mächtiger Regenguss in Gang war, haben wir auf einen ausführlichen Stadtspaziergang verzichtet und uns per Rundfahrt die „weiße Stadt“ angeschaut. Außerdem haben wir uns bei der Polizei Informationen über die Strecke nach San Augustin eingeholt, die uns jedoch von dem Vorhaben, die monumentalen Grabstätten und Steinskulpturen anzuschauen, abgebracht haben. Die Strecke von Popayan nach San Augustin führt einmal quer durch die Berge der Zentralkordillere und laut Polizei seien Höhen von über 3000 Meter nach wie vor Guerillagebiet. Und besonders diese Route sei sehr gefährlich.

Da wir auf einen Umweg von über 1000 km keine Lust hatten, strichen wir den Besuch von San Augustin und hielten wir uns im weiteren Reiseverlauf an die gut gesicherte Hauptroute.

In der Umgebung von Armenia, einer der „Kaffeezonen“ Kolumbiens wurden die Klischees von Kolumbien bestätigt: Kaffee, Kaffee, Kaffee, so weit man blicken konnte. Für Kaffeetrinker ein toller Anblick, solange man die Arbeit und den Lohn der Bauern für einen Moment außer Betracht lässt! Den „Tinto“ gibt es an jeder Ecke und auch wenn wir „Kaffee mit Milch-Trinker“ sind, hat uns der Tropfen schwarzer, gesüßter Kaffee sehr gemundet.

Fast fälschlicherweise haben wir unseren Übernachtungsplatz in der Region nicht auf einer Kaffeefinca gewählt, sondern inmitten einer Bananenplantage. Der Besitzer der herrlichen „Hacienda Bambusa“ war zur Zeit in Bogota und nach einem Telefonat mit ihm, durften wir bleiben und sollten uns ganz wie zu Hause fühlen. Na, das ging auf dem traumhaften Gelände ohne Probleme und da wir die einzigen Gäste waren, konnten wir uns ausbreiten, wie wir wollten. Als uns dann auch noch die Haushälterin zwei frischgepresste Limonensäfte in (!) den Pool brachte, wussten wir vor lauter Dekadenz nicht mehr ein und aus…

Über Pereira und Manizales führte uns der Weg in das Tal des Rio Caucas, einem der beiden längsten Ströme des Landes, die in die Karibik fließen. In La Pintada, einem Städtchen an der Strecke wählten den Garten eines Hotels zum Übernachten und wurden von dem Besitzer voll in Beschlag genommen. Er meinte uns mit sämtlichen regionalen Genüssen in Kontakt bringen zu müssen und kam mit den verschiedensten Getränken, Speisen und Informationen immer wieder zu uns in den Garten. Als er uns dann auch noch am nächsten Morgen auf 6.30 Uhr festnagelte, um eine Finca in der Nähe zu besuchen, konnten wir nicht anders und haben eingewilligt. Dort erfuhren wir allerhand über die „Jersey-Kuh“ und beobachteten den Campesino beim Melken. Ein Becher frischer Milch inklusive!

Bei letzterem musste ich jedoch merken, dass ich frische Milch anscheinend gar nicht vertrage und ließ sie in den Bergen rund um Medellin zurück! Ob es nun nur die Milch war oder die kurvige Fahrt, bei der man immer Angst haben musste, dass einem ein überholender LKW auf der Bahn gegenüber steht, ich weiß es nicht. Auf jeden Fall wissen wir, dass kolumbianische LKW-Fahrer durch Berge und um Ecken schauen können! So viel Aufwand und Pflege sie mit dem Aussehen ihrer Fahrzeuge betreiben, umso mehr sollten sie auch einen anderen Fahrstil pflegen! Zum Glück sind alle heiklen Situationen für uns gut ausgegangen und durch den Stadtverkehr, wo derjenige Vorfahrt hat, der am lautesten hupt, sind wir jeweils gut durchgekommen!

Tja und dann hieß es Abschied nehmen von den Anden, dem Gebirgszug, der uns so lange „begleitet“ hat. In der Ebene des Rio Caucas ging es immer weiter nach Norden, unserem letzten Ziel des südamerikanischen Kontinents entgegen: Cartagena.

00° 00’ 00,0’’

martinamario am 26. April 2007 um 05:47

 Wir haben ihn erreicht- den Äquator! Ungefähr 60 Kilometer nördlich von Quito fuhren wir über die imaginäre Linie zwischen der nördlichen und südlichen Erdhalbkugel und es war gar nicht so einfach, den Punkt: 00°00’00,0’’ auf das Display des GPS zu bekommen. Da wurden die Erinnerungen an die Äquatorüberquerung mit der Grande Francia wach! Mit dem Unterschied, dass wir hier so lange hin und her fahren konnten, bis wir den Punkt auch exakt für’s Foto hatten!

Einfacher war es dagegen, am Denkmal zwischen Nord und Süd herum zu springen und ein Foto von uns schießen zu lassen, auf dem ich schon im Norden bin und Mario noch im Süden nachhängt! Die weitere Fahrt haben wir dann natürlich gemeinsam bestritten, denn es klappt ja schließlich bestens mit uns beiden- wie wir nun sogar auch von außen bestätigt bekommen haben!

In Otavallo hatten wir nach einer kurzen Etappe keine große Lust mehr zum Fahren und haben uns in einem schönen Hostal oberhalb der Stadt die folgenden Tage vertrieben. Lustig war der Kontakt dort mit einem jungen argentinischen Paar, die mit einem VW-Bus T2 durch Südamerika reisen und ebenfalls viel zu erzählen hatten. Spaziergang, Autopflege und Routenplanung waren angesagt, bevor wir von dort wieder aufgebrochen sind und uns in den Nebelwald bei San Gabriel begeben haben. Und wie sollte anders sein, hat sich nach der Sonneneinstrahlung wieder ein Regentag eingeschlichen und uns die Wanderung im Wald vermiest. Das im Nebelwald keine Trockenheit herrscht, war uns auch klar, aber dass es aus Kübeln gießt, war uns nicht klar!!!

 

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BESUCHERBERICHT II

martinamario am 23. April 2007 um 23:13

 „El primo“
Wer ungefähr so viel spanisch versteht, wie ich während meiner 3 ½ Wochen Südamerika gelernt habe, hat jetzt die Gewissheit dass hier der Cousin seinen Erfahrungsbericht zum Besten gibt. Ich gehöre also zur Verwandtschaft von Martina und somit ja seit einiger Zeit auch zu Marios.

Nachdem ich leider bei der Abschiedsfeier nicht anwesend sein konnte und die ersten Wochen der Berichterstattung nur am Rande verfolgt habe, hatte ich die Hoffnung schon aufgegeben noch irgendwie an diesem Erlebnis teilhaben zu können.
Als ich dann auch noch von mehreren fest angemeldeten Besuchern hörte, ärgerte ich mich schon die Einladung verschlafen zu haben. (Obwohl sich keiner von Beiden mehr so richtig an meine Einladung erinnern konnten…;-))
Aber in letzter Instanz habe ich mit einer Mail und sehr spontaner Organisation die Möglichkeit erhalten die „Reisestars“ zu besuchen.

Als solche waren Martina und Mario nämlich mittlerweile avanciert, auch wenn sie das vielleicht nicht so gerne hören. Aber von Zuhause wirkt die ganze Geschichte wirklich sehr spannend und aufregend. Wenn man keine Erfahrung mit solchen Reisen hat, kommt das einem schon sehr mutig und befremdlich vor und somit war das Interesse an der Internetseite bei den Daheimgebliebenen groß.
So war es bei mir nicht nur die Vorfreude auf einen unbekannten Kontinent, sondern auch auf eine unbekannte Art der Reise- und Lebensweise.

Die Ankunft in La Paz früh am Morgen war demnach auch spannend in Hinsicht auf unser persönliches Zusammentreffen. Schließlich hatte ich mit den beiden noch nie eine solch lange Zeit verbracht.
Zu der Zeit waren sie ja auch zu dritt, denn Christoph hatte mir schon die vorangegangenen 4 Wochen den Weg geebnet. (Treue Leser erinnern sich!)
Meine Gedanken waren also, entweder die haben die Nase voll von „Teilzeit-Globetrottern“ und schicken mich mit dem nächsten Schnellbus direkt nach Quito, oder sie sind den Zirkus gewöhnt und ertragen mich mit größter Freude.
Ich hatte das Gefühl freudig und herzlich empfangen zu werden, wenn doch leicht getrübt durch Verdauungsprobleme auf Seiten der Reiseleitung.

Auch bei mir sollte sich am nächsten Tag die Verdauung als mein Pferdefuß herausstellen. Die ersten Kilometer im „G“ habe ich liegend in der guten Stube verbracht und nichts von Bolivien gesehen. Spätestens hier müssen Martina und Mario über die Tragweite ihrer Gastfreundschaft nachgedacht haben. Aber wie richtige Reiseprofis haben sie Geduld bewiesen und mich in ein nettes Hotel am Titicacasee gesteckt, wo ich mich binnen kurzer Zeit auch wieder erholt habe. Schon am nächsten Tag war ich bester Dinge und den gesamten Urlaub wurde ich von weiteren Plagen verschont.
Für mein Empfinden haben wir uns dann auch sehr schnell aneinander gewöhnt und die Zeit zusammen genossen. Obwohl ich zuhause Sonnenschein, Dschungel und Kokosnüsse gebucht hatte, erwartete mich zunächst die Regenzeit im Hochland Perus. Aber das mobile Zuhause hat sich als äußerst wetterfest herausgestellt und somit war der Spaß garantiert.

Ich habe die ersten Tage nur damit verbracht über alles zu staunen. Über die Landschaft genauso wie über die eingespielten Abläufe im und um und um den „G“ herum. Martina und Mario sind wirklich ein gutes Team und es macht große Freude ihnen zuzuschauen.
Das war es ja auch, was mich brennend interessierte: Wie sieht der „Alltag“ auf solch einer Reise aus. Und es kam mir alles sehr unkompliziert und natürlich vor. Mir wurde schnell klar, dass es dafür allerdings der richtigen Einstellung bedarf. Wer unzufrieden und mit Ablehnung durch ein Land reist, wird von den Menschen und seiner Umgebung nichts Besseres entgegnet bekommen.
Bei Martina und Mario konnte ich keine Berührungsängste und Vorurteile erkennen und versuchte ihnen darin gleichzuziehen. Somit war mein kurzer Einblick in die zuvor beschriene Mentalität der Peruaner und Ecuadorianer war äußerst positiv und ich habe mich immer wohl und sicher gefühlt.

Die Reiseroute wurde spontan bestimmt und Tipps anderer Reisenden bereitwillig angenommen. Somit war der „Alltag“ stets ein zweiseitiges Schwert. Wir hatten zwar eine gewisse Routine im Tagesgeschäft, wie Essen beschaffen und kochen, oder Klamotten packen und Schlafplatzsuche. Aber was uns den nächsten Tag an Eindrücken und Erlebnissen erwarten würde, stand immer in den Sternen.
Dieser Zustand war sehr angenehm und hat mir 3 1/2 Wochen absolut stressfrei Zeit beschert.
Letztlich hatten wir so auch die Möglichkeit uns noch ein bisschen besser kennen zu lernen und ich freue mich jetzt umso mehr etwas Neues von ihren Erlebnissen zu erfahren. (Auch wenn ich die Texte nur überfliege….)


Es gibt in meiner Erinnerung viele kleine Geschichten und Begebenheiten, die die Zeit unvergesslich machen aber hier den Leser vielleicht langweilen würden. Als kleine Einblicke wären da wohl die Schokoriegelpausen oder das Zusammentreffen mit dem hässlichsten Hund der Welt zu nennen.

Natürlich bedanke ich mich noch für die Bereitstellung eines 1a Kuppelzeltes und einer sehr gemütlichen Isomatte. (Ist der Zahnpastafleck rausgegangen….??)
Die Menge an Eindrücken und Erlebnissen konnten bei mir jedoch das Gefühl, dass es auf diesem Kontinent noch so viel zu sehen gibt, nicht verdrängen und ich kann mir gut vorstellen, dass es nicht meine letzte Reise nach Südamerika war.

Ich danke Martina und Mario für die Erweiterung meines Horizontes und für die Möglichkeit diese Reise auf diese Weise zu machen.
Wenn man mit euch unterwegs ist, wird schnell klar, dass da zwei genau das Richtige tun.

Viel Spaß noch und alles Gute, euer MC Koisl

Ps.: ich hoffe ich kann’s irgendwann mal wieder räächt machen!