„HINTEN HERUM…“

martinamario am 3. April 2007 um 22:14

 

Machu Picchu –das ist wohl das Schlagwort jeder Peru-Reise, sogar jeder Südamerika-Reise. Wir hatten darüber gelesen, einiges aufgeschnappt und uns letztendlich in Cusco über die Möglichkeiten der Wege dorthin informiert. Denn sehen wollten wir es und da konnten uns auch die mehr als übertriebenen Preise nicht davon abhalten. (Wobei das Teuerste die Zugfahrkarte ist und man pro Person ca. 60 Euro für die Fahrt von Cusco nach Aguas Calientes bezahlt.) Und es gibt tatsächlich eine „günstige“ Variante, wenn man „hinten herum“ fährt und vom Eintrittsgeld mal absieht.

 

Von Helmi und Gonna haben wir uns in Cusco verabschiedet und sind Richtung Urubamba und Ollanta gestartet. Diese Orte liegen nordwestlich von Cusco und weiter in den Norden, bzw. in die Bergwelt ging es auch im folgenden, als wir den 4320 m hohen Paso Abra Malaga überquerten. Wir haben quasi das Pferd von hinten aufgezäumt und zunächst einen Bogen um die alte Inkastadt gezogen. Am Pass hatten wir ziemlich viel Glück, da wir nicht in die, aufgrund einer Riesenbaustelle, drei bis fünf -stündige Sperre geraten sind. Mit nur kleinen Unterbrechungen konnten wir die Fahrt durch teils matschige, teils über bereits gut ausgebaute Piste fortsetzen und kamen hierbei durch einige kleine Bergdörfer hindurch.

 

Nach einem dieser Orte war dann aber auch für uns Schluss: ein LKW saß in einer Furt fest, die zwar betoniert war, aber aufgrund der starken Regenfälle über und über mit Geröll zugeschüttet war. Die Steine wurden von der Kraft des Wassers gegen die Räder des LKW’s geschleudert, sodass dieser wie einzementiert festsaß und das Ausgraben eine enorme Arbeit für die Männer darstellte. Nach zwei Bussen, mehreren Taxis und einem LKW waren wir die nächsten von unserer Seite der Furt und hatten keine Chance an diesen Fahrzeugen vorbei zu kommen, da wir komplett zugeparkt waren. Und wie sollten wir der aufgebrachten Menge erklären, dass sie uns doch bitte auf der engen Piste frei rangieren sollten?!

Also warteten wir wie die vielen anderen Fahrgäste der Busse und Taxis und harrten der Dinge, die da passieren würden. Nach zwei Stunden war es dann soweit, die Räder waren fast alle freigeschaufelt, der LKW mit Abschleppseilen mit zwei weitere LKW’s verbunden und sie haben es geschafft, ihn aus der misslichen Lage zu bringen. Ein Aufatmen ging durch die Menge und die Verkäufer von Getränken, Süßigkeiten und Herzhaften, die schnell aus den Orten herbeigeeilt kamen, waren wohl die einzigen, die sich nicht gefreut haben.

Doch wir anderen haben uns alle etwas zu früh gefreut. Zwei Allradautos haben es ohne Probleme über das Geröll geschafft –hätten wir doch nur vorne gestanden-, sogar ein Taxi haben sie mehr oder weniger hinüber getragen und dann wollte es der vorne stehende Bus wissen. Und klar, er hat es nicht geschafft, was für uns zwei weitere Stunden Warterei bedeutet hat. Mario und Kai haben sich am Schieben beteiligt, doch da war nichts zu machen. Der Bus saß hinten auf den Steinen auf und hat sich keinen Millimeter mehr gerührt. Kurz bevor es dunkel wurde, konnten wir mit Hilfe eines der Busfahrer bewirken, dass hin und her rangiert wurde und wir an die Furt heran fahren konnten. Mit Untersetzung und Sperren zur Sicherheit (wir wollten um Himmels willen keinen Unmut auf uns ziehen, wie etwa der Taxifahrer, den sie hinübergetragen haben) haben wir das Geröllfeld samt Fluss ohne Probleme passiert und konnten nun im dunkeln die Fahrt bis in den nächsten Ort fortsetzen. Dieser war Santa Maria und während Mario und ich im Auto vor der Polizeistation geschlafen haben, hat sich Kai für umgerechnet 1,50 Euro ein Zimmer in einem Hostal genommen.

 

Am nächsten Morgen wurden wir mit einem freundlichem „Buenos Dias, Gringos“ begrüßt und das ganze Dorf hat sich wohl sehr über unser Gefährt gewundert. Ein Auto mit Zelt, wo gibt’s denn so was?!

Nach dem Frühstück in gleichem Restaurant wie am Abend haben wir die weitere Strecke in Angriff genommen und sind durch wunderschöne Landschaft vorbei an Bananen- und Kaffeefeldern, durch kleine Flüsse, über eine einsame Piste schließlich nach Santa Teresa gekommen.

 

Und dort sollte es eine Überraschung für uns geben. Einen Tag zuvor hatten sie dort die seit Jahren umstrittene Brücke über den Rio Urubama eröffnet und wir können annehmen, dass wir an diesem Tag das erste ausländische Fahrzeug waren, dass sie genutzt hat. So sparten wir uns drei Stunden Wanderung und konnten fast bis zur Zugstation in Hydro Electrica mit dem eigenen Auto fahren. Allerdings ließen sie uns dort aufgrund Privatgrundes nicht mehr weiterfahren, aber selbst das hat sich im Nachhinein auch als gar nicht nötig heraus gestellt. Denn wir haben bei Mario Lizarraga Valencia, der kurz vor der Kontrollstation wohnt einen super Stellplatz bei ihm auf dem Hof gefunden und konnten ohne Angst um den „G“ losmarschieren.

 

 

Bis Aguas Calientes sind wir ungefähr zwei Stunden gewandert, wobei der Weg auf den Bahnschienen verläuft und sie dort keine genormten Abstände der Bahnschwellen haben. So viel zu einem harmonischen, flüssigen Gangbild!

Kurz vor dem Ort, der nur mit dem Zug zu erreichen ist und der scheinbar nur für Machu Picchu-Touristen zu bestehen scheint, trauten wir uns doch einmal, die Augen von den Bahnschwellen zu trennen und sahen weit oben auf dem Berg bereits einige Terrassenanlagen der Inkastadt. Wahnsinn, welch eine Belohnung für den nervigen, unrhythmischen Weg.

 

Eine Unterkunft im Ort war schnell gefunden und um sie an dieser Stelle nicht weiter zu empfehlen, nennen wir sie einfach nur Schimmelloch. In dieses sind wir nach dem Essen am Abend so spät wie möglich zurückgekehrt, aber früh genug, um gegen 5.00 Uhr wach zu sein und es so schnell wie möglich wieder verlassen zu können. Der frühe Start hatte jedoch einen anderen Grund, denn wir wollten so früh wie möglich auf dem Berg sein. Somit sind wir im Dunkeln losgestapft und haben in 1 ½ Stunden die vielen steilen Treppenstufen von Aguas Calientes bis hoch zu Machu Picchu bezwungen. Und mussten merken, dass wir überhaupt nichts mehr gewöhnt sind- oder war es die Höhe?!

Egal, denn der Ausblick, als wir auch noch quasi an der gut erhaltenen Ruinenstadt vorbei auf den Montana Machu Picchu gestiegen sind, war gigantisch und hat uns den Zauber der Stätte spüren lassen. Passend zur Stimmung und zu dem Bild zogen dazu auch noch vom Tal die Wolken auf, hüllten die Anlage in Nebel und gaben alles nach einigen Minuten wieder frei, sodass die Sonne und der blaue Himmel das Bild vervollständigen konnten. Und wir auf das schönste und rätselhafteste Zeugnis der Inkazeit blicken konnten!

 

An drei Seiten ist die Stadt von schroffen und steilen Felsen umgeben und tief unten im Tal fließt der wilde Rio Urubamba. Warum, wieso, weshalb und wozu die Stadt existiert hat, ist den Forschern und Archäologen nie ganz klar geworden und die unterschiedlichsten Theorien finden ihren Ansatz: Sommerresidenz der Inkaherrscher, Fluchtburg der Sonnenjungfrauen, Stadt der Magier, eine Festung?! Klar ist, dass die Stadt autark war und die Bevölkerung sich durch die hängenden Gärten (Terrassenanlagen) selbst versorgen konnte. Aber deswegen lag Machu Picchu keinesfalls isoliert, denn alle Inkawege verliefen sternförmig auf die Stadt zu. Da die Stätte voll von Symbolen der Inkareligion ist, geht man von einem Bezugszentrum einer heiligen oder religiösen Geographie („Heiliges Tal“, „ Heilige Berggipfel“) aus.

Beim Rundgang durch die Stadt konnten wir uns ein Bild der intelligenten Architektur, Stadtplanung und Bauweise machen und waren sehr beeindruckt und froh, dies in den Morgenstunden und ohne viele andere Besucher erleben zu können. Für den Rückweg wählten wir den Bus hinunter nach Aguas Calientes und den Zug nach Hydro Electrica, da wir am selben Tag gerne noch ein gutes Stück Richtung Cusco zurücklegen wollten.

Das hat auch alles ohne Probleme geklappt und Kai kann mit seiner reduzierten Studenteneintrittskarte sicherlich behaupten, dass er einer derjenigen ist, die am günstigsten Machu Picchu besichtigt haben (15 Euro)! Mario und ich aber auch!

 

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CANON DEL COLCA

martinamario am 29. März 2007 um 05:06

Der Weg führte uns nicht bis in die zweitgrößte Stadt Perus Arequipa, sondern etwa 150 km nördlich von dieser in den Colca-Canyon. Um in diese Schlucht, die tiefer als der Grand Canyon in den USA ist, zu gelangen, mussten wir einen 4900 Meter hohen Pass überwinden, auf dem es Kai tatsächlich geschafft hat, einen Handstand zu praktizieren. Respekt!

Als wir das Colca-Tal erreicht hatten, fiel uns sogleich die üppige Vegetation auf und die Hänge im Tal mit ihren zahlreichen Terrassenanlagen. Schon zu Zeiten der Inkas wuchsen dort mit Hilfe eines ausgeklügelten Bewässerungssystem Mais, Kartoffeln, Bohnen und sämtliche Obst- und Gemüsesorten und auch heute gilt die Colcaregion als eines der wichtigsten Agrar- und Landwirtschaftsgebiete Perus. Allerdings sahen wir leider nicht das ganze Ausmaß des Tales, geschweige denn des Canyons. Der Regen mit entsprechenden Wolken ließ nur ab und zu einen Blick auf Tal und Schlucht zu und wir erhofften uns Besserung für den nächsten Tag. An Zeltaufbau war in diesem Matschuntergrund gar nicht zu denken und so machte es sich Kai, so gut es ging, in der ersten Etage des „G’s“ bequem.

Wie er uns am nächsten Morgen versicherte, hat er gut geschlafen und wir konnten den Tag bei Sonnenschein mit einem ausgiebigen Frühstück beginnen. Da sah die Welt des Canyons doch ganz anders aus und wir blickten bei einem Spaziergang erstaunt in die Tiefen der Schlucht. Wenn nicht gerade im Tal liegende Wolken den Blick versperrten!
Den Kondoren, die es im Colca-Tal geben soll, hat die Thermik anscheinend nicht zugesagt, denn keinen einzigen dieser riesigen Vögel konnten wir am Himmel entdecken. Dafür einen Riesenkolibri und viele andere Tiere von Rind über Esel bis hin zum Schaf.
Und mit letzterem Tier hatten wir schließlich auf dem Rückweg ein „Zusammentreffen“, welches dieses nicht überlebt hat. Ja genau, ein Schaf wollte kurz vor unserem Auto die Straße überqueren und wir haben es trotz langsamen Tempos nicht mehr geschafft, abzubremsen. Was sollten wir nun tun? Die Schafhirtin kam ganz aufgelöst zu uns gelaufen, hatte Tränen in den Augen und machte keine Anstalten das Tier zu Erlösen. Denn es war noch nicht tot. Mario und Kai drückten sich immer wieder gegenseitig das Messer in die Hand, nicht wissend, wie sie das Schaf erlösen konnten. Zum Glück kam in dem Moment ein Auto mit bestimmt 10 Leuten an Bord herangefahren, von denen die zwei Männer die Situation schnell erfasst hatten und den nötigen Schritt unternahmen. Den Verlust der Schafhirtin beglichen wir natürlich und schenkten danach unser soeben „erstandenes“ Tier den Peruanern, die es sicher besser verwerten konnten als wir.

Mit etwas zitternden Knien stiegen wir wieder ins Auto und verfolgten fast schon zwanghaft jeden Schritt der nun entgegenkommenden Tiere, ob Esel, Lama, Rind, Schaf oder Huhn- mehr konnten und wollten wir uns nicht leisten! Über die schlechte Piste ging es dann weiter in Richtung Chivay, dem Ausgangsort unserer Colcatour, bis wir von einem peruanischen Auto plus Guide und zwei Touristen an Bord angehalten wurden. Sie informierten uns über das Festsitzen eines großen Busses, an dem niemand vorbeikäme und entsprechende Wartezeiten, bis dieser wieder ausgegraben würde. Sie boten uns an, ihnen über eine Nebenstrecke aus dem Tal heraus zu folgen. Diese führte auf der anderen Seite des Rio Colcas entlang und war eindeutig die bessere Variante. Erst einmal umgingen wir so die Warterei, sahen zweitens auch noch andere Dörfer und Landschaften im Tal und fuhren drittens auf einer viel besseren Piste als der der Hauptpiste.

In Chivay blieben wir nicht lange, fragten uns nach dem Weg nach Cusco durch und fuhren schließlich durch das peruanische Hochland in Richtung „Nabel der Welt“.

Die in 3430 m Höhe gelegene einstige Hauptstadt der Inkas erreichten wir am folgenden Tag und waren schon bei der kurzen Stadtdurchquerung auf der Suche nach dem Campingplatz vom Stadtbild begeistert. Doch bevor wir uns auf eine Besichtigungstour gegeben haben, haben wir unser Lager auf dem herrlichen Platz von Helmie, einem Holländer, aufgeschlagen und einige Tage dort genossen. Klar haben wir zwischendurch Cusco besichtigt und uns in der vielleicht schönsten Stadt Perus wohl gefühlt.

Allerorts kann man die Überreste der fugenlosen Mauern der alten Inkabaumeister bestaunen. Aufgrund der Beständigkeit dieser Mauern nutzten auch die spanischen Eroberer diese als Grundstock ihrer neuen Gebäude. Die Inkamauern hielten, anders als die spanischen Konstruktionen, den vielen Erdbeben Stand.

TITICACA-SEE

martinamario am 28. März 2007 um 21:45

Nachdem wir Christoph am Flughafengate verabschiedet hatten, hat es eine ganze Weile gedauert, bis wir uns mit dem „G“ den Weg durch El Alto zum Stadtrand gebahnt hatten. Scheinbar ist samstags der große Gasliefertag in La Paz, denn plötzlich hatten sich auf der Hauptstraße zahlreiche Menschenschlangen, ausgestattet mit Gasflaschen, auf der Straße gebildet. Und da diese quer über die Hauptverbindungsachse standen und saßen, blieb dem Autoverkehr und uns nichts anderes übrig, als sich durch die kleinsten Hintergassen einen Weg zu suchen. Schließlich hatten wir es geschafft und befanden uns am Stadtrand, um zu merken, dass dies gar nicht die Ausfallstraße der Stadt war, die wir eigentlich entlang fahren wollten. Na toll, also noch einmal Gasflaschenmenschenschlangen umfahren und auf die richtige Straße kommen. Dazu kommt auch noch, dass die Bolivianer es mit Straßenschildern nicht gerade übertreiben!

Doch wir haben die richtige Straße erwischt und sind nach einiger Zeit am Titicaca-See angekommen. Dieser ist etwa 13 Mal größer als der Bodensee und liegt auf 3810 Metern über dem Meer, womit er der höchstgelegene schiffbare See der Erde ist. Von San Pablo de Tiquina sind wir mit einem Floß an der engsten Stelle des Sees (800 Meter) zum anderen Ufer gelangt und haben dort die Fahrt nach Copacabana fortgesetzt.

Von der ganzen Route hat unser neuer Gast an Bord leider nicht viel mitbekommen. Von Bauchkrämpfen gequält, welcher Ursache auch immer, lag Kai im Heck des „G’s“ und hat sein Delirium tapfer wie ein Mann (!) ertragen. Ein Hotel zum Ausruhen war in Copacabana schnell gefunden und nach 4 Stunden Schlaf war er fit, gesund und munter- und der Toilettengang erledigt!

Der Ort Copacabana blickt auf eine 3000 Jahre alte Geschichte zurück und war einst ein bedeutendes Zeremonial- und Kultzentrum. Auch heute ist Copacabana ein wichtiger Wallfahrtsort und wie wir erfuhren auch der Namensgeber des berühmten Strandes in Rio de Janeiro, wo wir ungefähr ein halbes Jahr zuvor entlang spaziert sind!

 

Nach einer schönen, erlebnisreichen Zeit in Bolivien war es nun schon wieder so weit und wir haben das Land verlassen. Am Grenzübergang in Kasani gelangten wir problemlos nach Peru und fuhren auf peruanischer Seite immer entlang des Titicaca-Sees nach Puno. Leider spielte das Wetter nicht ganz so nach unseren Vorstellungen mit und vom tiefblauen See im Sonnenschein war wenig zu sehen.

In Puno haben wir uns über die „schwimmenden Inseln der Uro-Nachfahren“ informiert und uns gegen einen Besuch dieser entschieden. Denn wir fanden heraus, dass man lediglich zu den extra für Touristen erbauten Inseln gefahren wird. Und dort würde dann eine Verkaufsshow der Insulaner abgehalten, die noch nicht einmal mehr fest auf den Inseln leben. Bei dieser Vorstellung ist uns die Lust vergangen! Also haben wir Puno hauptsächlich für einen Auffüllstopp unserer Vorräte genutzt und sind noch am gleichen Tag weiter nach Juliaca und in Richtung Arequipa abgebogen.