4xG: „G“ GEHT GANZ GRENZNAH
martinamario am 18. Februar 2007 um 01:41
Was soll diese Überschrift wohl bedeuten? Tja, wir waren im Grenzgebiet zu Argentinien unterwegs, aber das ist nicht die Ursache des Titels… Nun aber der Reihe nach.
Auf unserem weiteren Weg durch das Anden- und Vorandengebiet Chiles hielten wir auf der Karte nach Vulkanen Ausschau und hatten weiterhin die Idee, dem Verlauf des Rio Bio Bio´s zu folgen, dem längsten Fluss Chiles.
Laut Reiseführer war jedoch ein Stück des Weges nicht passierbar, da der Eigentümer, durch dessen Grund der Weg führte, das Durchfahren verboten hatte. Dazu wollten wir in Curacautin, einer kleinen Ortschaft auf dem Weg, die Carabineros befragen und wurden aber schon vor dem Supermarkt vom blonden Hans aus Hamburg abgefangen. Hans ist vor einigen Jahren aus Deutschland ausgewandert, hat sich in der Gegend dort einen Campo gekauft, auf dem er lebt und wusste um das Problem des gesperrten Abschnittes. Netterweise hat er die Konversation mit der Polizei für uns geführt und wohl mehr verstanden. Denn anschließend hatten wir eine kleine Skizze von ihm in der Hand, die besagte, dass das Teilstück auf dem Privatland tatsächlich nicht zu befahren sei. Wir sollten eine westlichere Route nehmen und würden erst nach 30 km zum Rio Bio Bio kommen.
Somit sind wir mit unserer Landkarte, dem GPS und dieser Mini-Skizze gestartet und in Richtung des Vulkan Lonquimay gefahren. Zunächst ging es durch landwirtschaftlich genutzte Wiesen und Felder, schließlich durch Misch- und Auraukarienwälder bis wir uns plötzlich in einer kargen Asche- und Lavawüste befanden und jegliche Vegetation verschwand. Links neben uns lag mit seinen 2890 Metern der Vulkan Lonqimay und wir verspürten keine große Lust ihn zu besteigen. Denn so wie es aussah, wäre das auf der losen, lockeren Asche nach dem Prinzip: „ zwei Schritte vor und einer zurück“ gegangen.
Den Vulkan mussten wir umrunden und konnten aufgrund der Höhe wunderbare Blicke zu beiden Seiten ins Tal werfen. Die Lavaströme ließen sich hier, wie auch schon beim Vulkan LLaima toll verfolgen und bald erreichten wir im Verlauf eines solchen Stromes das Ende dessen und der Weg führte uns in den Wald.
Es stellte sich heraus, dass weder die Mini-Skizze korrekt war, noch das GPS den richtigen Weg angeben konnte. Lediglich unsere neu erstandene Chile-Landkarte von 2007 zeigte den Weg zu einem Stausee, der mit unserer Richtung übereinstimmen musste. Hinterher wussten wir auch, warum uns das GPS durch den See schicken wollte. Die Karte im GPS war älter als der Bau des Staudammes!
Doch zum Glück kam uns auf dem (gesamten) Weg ein einziger Gaucho entgegen, den wir sogleich nach dem Weg fragten. Und wie glücklich waren wir, als er etwas von einer Brücke erzählte und uns den Weg dorthin wies. Inzwischen war der Weg nämlich so schlecht geworden, dass wir uns nur noch an zwei Reifenprofilen orientiert hatten und jedes Mal ganz enttäuscht waren, wenn sie durch Pferde- oder Rinderhufe verwischt waren.
Richtig aufgeatmet haben wir bei der Brücke, die uns sicher auf die andere Seite brachte und auch als wir sahen, dass wir mit unserem „G“ die Tunnelmaße genau einhielten. Denn im Anschluss an die neue Brücke befand sich ein 40 Meter langer, stockfinsterer, einspuriger Tunnel. Allerdings brauchten wir uns um Gegenverkehr keine Gedanken zu machen, denn außer einem Fahrzeug zu Beginn des Weges hatten wir keines mehr gesehen.
Aber einen Gaucho auf dem Pferd haben wir noch gesehen, gerade als wir eine dieser wackeligen Holzkonstruktionen, die sich Brücken nennen, passieren wollten und er fasziniert oder amüsiert zusah!? Immerhin gab er an, dass wir richtig wären und dass der Weg nach Ralco, bzw. zum Rio Bio Bio führen würde. Ob er nur mit Pferd zu begehen sei, hat er nicht dazu gesagt und wir haben auch lieber nicht gefragt.
Nach einem Campo, wo wir leider niemanden angetroffen hatten, haben wir ein Stück weiter eine herrliche Lichtung im Wald entdeckt, auf der wir am plätschernden Bach unser Lager nach der anstrengenden Fahrt aufgeschlagen haben. Und bevor wir ans Essen gedacht haben, sind wir zunächst in den Bach gehüpft und haben uns von dem Staub, Dreck und Schweiß des Tages befreit.
Der nächste Tag erwartete uns erneut mit schönstem Sonnenschein, heißen Temperaturen und einer Strecke, die den „G“ an seine Grenzen bringen sollte. Und unsere Nerven auch!
Die Landkarte stimmte irgendwie schon lange nicht mehr und anstatt nordwestlich zu fahren, führte uns der Weg immer weiter nach Osten über mehrere Pässe und in verschiedene Täler. Hatten wir doch eine Abzweigung verpasst? Aber es gab doch keine?!
Nun ja, über Pässe und in Täler bedeutete für unser Auto Schwerstarbeit und wir waren froh, dass wir uns für eine Reise mit dem „G“ entschieden hatten. Immer wieder waren wir deswegen froh, aber auf der Strecke besonders! Mit kurzem Allrad zu fahren war fast schon normal, die Sperren wurden oft zugeschaltet und er hat sich sagenhaft durch alles hindurch gekämpft. Gut, dass wir in San Martin de los Andes den Tankschutz ordentlich haben befestigen lassen und auch die Getriebeölwanne einen Schutz bekommen hat. Denn trotz der hohen Bodenfreiheit haben wir es ab und zu ziemlich ratschen hören und sind immer gleich raus gesprungen, um nachzuschauen. Alles in Ordnung, ist eben ein „G“, ein Arbeitstier!
Nicht nur der „G“ hat seine Pausen bekommen, sondern wir auch und wir haben uns trotz der strapaziösen Strecke an der Landschaft erfreuen können. Inzwischen sahen wir auch auf der gegenüberliegenden Bergseite ein paar Häuser stehen und dachten, dass sei ein gutes Zeichen, doch nach Erreichen des Tales standen wir vor der nächsten Hürde. Ein Fluss!
Und die Brücke war vor Jahren zusammengekracht, wie es aussah. Ein am Ufer wohnender Mann gab uns das OK, dass der Fluss zu durchfahren sei. Und auch Mario war nach dem Durchschreiten und dem Wegräumen großer Steine guter Dinge, dass der „G“ und er das meistern könnten und genug Platz unter dem Differential sei. Ich bin mit Kamera, um die Durchfahrt zu filmen, bewappnet die 25 Meter durch das kniehohe Wasser gewatet und habe mich zu unseren „Fans“ gesellt. Die drei Chilenen hatten sich inzwischen aus den Häusern kommend für uns als Nachmittagsprogramm entschieden und waren auch guter Dinge, dass wir es schaffen müssten. Dass ungefähr ein Auto im Monat durchfährt, habe ich Mario nicht über den Fluss zugerufen!
Mario und das Auto haben es bravourös gemeistert und uns ist echt ein Stein von Herzen gefallen, dass wir die Strecke nicht zurückfahren mussten. Hier, auf der anderen Seite, sah es schließlich nach mehr Bewohnern aus und da musste es doch wenigsten eine Schotterpiste als Anbindung zum nächsten Ort geben. Und die gab es auch, wenn uns auch die Carabineros, die wir drei Kilometer nach dem Fluss in ihrer Station fanden und aufsuchten, einen Schrecken einjagten und von einer schlechten Piste gesprochen hatten. Die waren in ihrem Leben auch noch nicht auf der anderen Seite des Flusses unterwegs gewesen!!!
Die Piste war herrlich und richtig schnell mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 40 km/h waren wir einige Zeit später im nächsten Ort, wo gerade der Markttag zu Ende war. Im Gegensatz zu uns hat das Ende aber wahrscheinlich keiner wahrgenommen. Denn aufgrund einer die Runde machenden Tetra-Packung Wein hatten alle ordentlich einen Sitzen und schwankten durch die Gegend.
Zum Glück gab es für uns aber noch etwas Käse, Zwiebeln und eine riesengroße Wassermelone zur Belohnung für die geschaffte Offroad-Strecke. Wären wir Autoren des „Off-Road-Magazines“, wir würden der Strecke fünf Sterne geben! Und hätten nun auch die GPS-Daten…